Ich erinnere mich noch gern an meinen Beitrag zur Firma „Topfhelden“, welche einkaufsunwillige Mitbürger oder sehr ländliche Planetenbewohner wöchentlich mit passgenauen Zutaten, nebst Rezepten versorgte. Leider schien das Konzept der Erfurter Firma nicht ganz aufzugehen. Sie haben inzwischen den regulären Geschäftsbetrieb eingestellt, was ganz sicher nicht an meinen Kritikpunkten gelegen hat, denn so viele Leser habe ich nun doch wieder nicht auf meinem kleinen, bescheidenen Blog 😉 .
Nichtsdestotrotz schiessen ganz ähnlich konfektionierte Firmen wie Pilze aus dem Boden, so auch die um einiges größer angelegten Päckchenpacker von HelloFresh!
Diese international angelegte Aktiengesellschaft operiert nicht nur in Deutschland mit Sitz in Berlin, sondern auch in den Niederlanden, USA und selbst Australien. So kann man die Benutzerführung der Website, wie auch das Komplettpaket der medialen Aufmachung als äußerst professionell bezeichnen. Ziel der Unternehmung ist es, auch in diesem Fall dem Kunden den Einkauf abzunehmen und Rezepte mit sauberen Anleitungen zu liefern, welche allesamt in unter 30 Minuten realisierbar sein sollen. Ganz ähnlich den Mitbewerbern und den dahingeschiedenen Topfhelden, bietet HelloFresh verschiedene Kochboxen an, welche sich in Inhalt und Mengenangaben unterscheiden.
So gibt es die Classic-Box mit wechselnden vegetarischen, wie auch nichtvegetarischen Lebensmitteln, in der einfachsten Version drei Mahlzeiten für zwei Personen zu gut 40€. Über die Steigerung bis hin zu fünf Mahlzeiten für vier Personen kann der geneigte Kunde dann auch gern 90€ pro Woche für das leibliche Wohl seiner Familie oder Wohngemeinschaft investieren.
Die ebenfalls angebotene „Veggie-Box“ gibt es zu gleichen Konditionen, enthält aber kein Fleisch oder Fisch. Rein vegan ist sie nicht, Milch und Käse sind in den Rezepten zu verarbeiten. Zu guter Letzt bietet der Großlieferant noch eine Obstkiste zu 15€ an, welche ich aber in Qualität und Umfang nicht getestet habe. Fleisch ist mein Gemüse.
Der Bericht ist sicher nicht ganz gerecht, denn ich bin leidenschaftlicher Hobbykoch und in der Küche über die Jahre auch einigermaßen flink zu Gange (auch wenn der Name anderes verrät). Im Laufe der Zeit hat sich auch einiges an Lebensmittelkunde und Kochtechnik angesammelt, so dass ich einfache Rezepte nur überfliegen brauche, um den Kern zu entdecken. Bei HelloFresh habe ich mich daher einmal etwas uninteressierter, aber durchaus ambitioniert gestellt (völlig kochunwillige bestellen auch keine Kochboxen, sondern freuen sich über das nächste Lidl-TK-Ofengericht) und mich in die vermeintliche Zielgruppe eingereiht. Doch kommen wir erst einmal zu den werbeträchtigen Punkten, warum man laut HelloFresh ihr Unternehmen für seine Küchenausflüge wählen sollte:
- kein selbstständiges Einkaufen, damit kein Nachdenken über eine Einkaufsliste oder gar der Rezeptplanung
- kleine Portionierungen, dadurch keine überflüssigen Nahrungsmittel, welche dann schlecht werden
- ständig frische Produkte, möglichst kein TK
- Zeitersparnis
- Ideenlieferant
- ausgewogene Ernährung
Auf zur Realität. An einem Freitag Mittag kommt, nicht ganz pünktlich, der UPS-Mann und bringt mir eine echt große Kiste vorbei.

Auf den ersten Blick alles ordentlich sortiert und sauber verpackt. Alle Zutaten sind vorhanden. Lediglich Créme fraiche wurde gegen Schmand ausgetauscht. Ein Entschuldigungszettel versprach, dass Schwand eh besser für die Linie sei. Ich habe noch etwas fette, freche Creme im Kühlschrank, so beschäftigt mich das nicht weiter. Die meisten Zutaten machen tatsächlich einen ordentlichen Eindruck. Leider gab es beim Gemüse einige qualitative Einbußen und die Kartoffeln haben die Reise oder den HelloFresh-Lagerraum nicht so gut verkraftet:

Diese Knollen habe ich mir dann doch nicht angetan und bin noch einmal zum Gemüsehändler gelaufen.
Die beiliegenden Rezepte-Karten in A5 sind sehr professionell gestaltet und bieten neben der Schritt-für-Schritt-Anleitung auch Tipps und Informationen zu verschiedenen Lebensmitteln.
Alles was gekühlt bleiben muss wird in einer Dämmwolle im Plastiksack geliefert. Insgesamt hatte ich nach dem Auspacken eine ordentliche Portion Müll, wobei das meiste gut recyclebares Papier war. HelloFresh bietet an, den angefallenen Müll (vor allem die Dämmwolle) nach fünf Lieferungen in eine der großen Pappkisten zu verstauen und kostenfrei an das Unternehmen zurückzusenden. Die anderen vier Kisten gehen nach einmaliger Verwendung in die blaue Tonne oder der Empfänger findet eine anderweitige Verwendung. Umweltschutz geht anders. Der Kompromiss ist aber irgendwo zwischen Kosten und Nutzen angesiedelt und der gute Wille vorhanden. Ein bewusster Einkäufer wird in Eigeninitiative aber deutlich weniger Müll produzieren für drei Essen á zwei Personen.
Als Testessen habe ich Schweinelachsstreifen in cremiger Lauch-Paprika-Soße mit Basmatireis ausgewählt.
Wie auch die beiden anderen Gerichte läßt sich dieses in 30 Minuten daherzaubern. Im Gegensatz zu den Topfhelden-Rezepten habe ich hier diese Zeit auch tatsächlich benötigt. Alle drei Rezepte waren übrigens durchaus in sich schlüssig. Das Gemüse lag einzeln und in entsprechender Menge bei, das Fleisch war eingeschweißt, der Reis portioniert und die Gewürze gab es in kleinen Extratütchen. HelloFresh erwartet vom Kunden noch Salz, Pfeffer, Rinderbrühe, Olivenöl, Butter und Weißwein im Hause zu haben.
Das Rezept selbst ist, wie auch die anderen, nicht erwähnenswert. Es handelt sich um ein schnelles Schweinegeschnetzeltes mit asiatisch angehauchtem Gemüse in (durch die freche Creme) sahniger Soße. Reis wird gekocht wie üblich.
Schweinelachs hätte ich selbst dafür jetzt nicht genommen. Es wird mir zu trocken, sobald man die Streifen der Soße wieder hinzufügt. Aber ansonsten entsprach das Essen ganz und gar meinen Erwartungen:
Fazit
Wie auch schon die Topfhelden, so können mich auch die Lieferanten von HelloFresh nicht überzeugen. Der Müll ist mir zu viel, die Rezepte zu uninteressant und eine wirkliche Zeitersparnis konnte ich nach allen Tätigkeiten (inkl. dem Auspacken und Entsorgen der Kisten) kaum feststellen. Hätte ich öfter einen Qualitäts-Fauxpas wie mit den Kartoffeln, wäre HelloFresh für mich sogar recht ärgerlich geworden. Doch kann ich dem Unternehmen dies mangels Langzeittest nicht unterstellen. Mit ein wenig küchentechnischer Kenntnis, einem mittleren Rezept-Repertoire und dem Willen gezielt und bewusst einzukaufen, lässt sich deutlich Geld sparen, Müll vermeiden und man bekommt auf den Teller, wonach einem gerade ist.
Trotzdem denke ich, dass HelloFresh seine Kunden finden wird. Die Präsentation ist gut und schlüssig; das Konzept griffig. Den Preis finde ich zu hoch. Ob ein Unternehmen wie HelloFresh auch in Zeiten nach dem großen westlichen Koch-Hype überlebt, wird sich zeigen. Wer ohnehin gerne kocht, kauft auch gern ein und wählt Rezepte selbst … und braucht eigentlich keine Kochboxen.
Trotzdem Bon Appetite!