Wenn man sich auf HelloFresh verlässt…

Eigentlich habe ich für mich dafür entschieden, dass ich keine Kochboxen brauche. Ich bin einfach nicht die Zielgruppe. Ich gehe ganz gern Lebensmittel einkaufen, habe Grundsätzlichkeiten wie Sojasoße oder verschiedene Reissorten und Hülsenfrüchte immer im Haus und weiss auch mit Resten gut umzugehen. Kochbücher füllen meine Regale und das liebe Internet liefert mit NYT Cooking, Kitchen Stories, Chefkoch und Co. ausreichend Stoff für neue Ideen. Trotzdem flatterte doch wieder eine Kochbox mit drei Gerichten nebst Anleitungen und Verpackungen in unsere Küche. Schuld hat meine sparsame, bessere Hälfte, welche schlicht einen 50%-Rabatt fand und mich nach so langer Zeit dann doch interessierte, was aus HelloFresh eigentlich geworden ist. Mein letztes Abenteuer in diese Richtung ist nun schon wieder fast 5 Jahre her.

In der gelieferten Kochbox, welche im Kellergang abgestellt wurde, lagen die Zutaten für

  • Enchiladas mit scharfer Tomatensoße
  • Seehecht in Teriyakisoße und
  • Rinderhüftsteak mit Champignon-Senf-Soße

Sehr viele Soßen, welche von HelloFresh penetrant mit ss geschrieben werden. Dem Begleitschreiben entnahm ich, dass die Kühlsachen aus dem Sack in den Kühlschrank sollen und die restlichen Tüten – so, wie sie sind – ebenfalls. Der Kühlsack besteht aus Altpapierresten und ist mit einer dünnen Plastikfolie überzogen, welche laut HelloFresh abbaubar ist. Cashew-Kerne, Senftütchen und der Honig werden in handelsüblichen Miniverpackungen aus Plastik geliefert, wie man es von Imbissständen kennt. Alles in allem zwar kein riesenwust an Müll, aber es fällt doch einiges an. Ein Rückholsystem wäre hier sicher angebracht, denn irgendwann kann ich mich mit den „wiederverwendbaren“ Kühlakkus aus Wasser und Plastik totschmeissen. Der Rest ist sehr angenehm lose in Papierbeutelchen verstaut.

Die Qualität der Zutaten war bei Lieferung erwartungsgemäß gut bis ganz ok. Der Honig war von sehr minderer Qualität und auch schon ziemlich ausgezuckert. Die Limetten waren gewachst, was ich so nicht kaufen würde, wenn ich die Schale abreiben soll. Reis befand sich in einer plastinierten Tüte, deren Abbaufähigkeit ich jetzt einmal bezweifle. Ein kleines Stückchen Butter, abgepackt wie in Hotels muss nun wirklich nicht sein. Zumal das nächste Gericht ebenfalls gleich zweimal Butter vorsah, in der entsprechenden Tüte aber keine weiteren Stückchen dabeilagen.

Leider fehlte die Hauptzutat zum Seehecht in Teriyakisoße komplett: nämlich der Seehecht. Bemerkt man das am Wochenende und hat sich auf seine überteuerte HelloFresh-Box verlassen, bleibt man doch sehr im Regen stehen. Ein Anruf brachte uns lediglich eine Gutschrift von 10€ ein. Ich stelle mir mal die Zielgruppe vor: Gut situierter Single-Mann mit viel Arbeit und keiner Zeit den Edeka nebenan zu besuchen will vor seiner Freundin angeben, dass er doch kochen kann. Was „Ausgefallenes“. Seehecht in Teriyaki. Jetzt fällt das komplettes Gericht aus – der Abend mit der Liebsten ist eigentlich gelaufen. Dafür, dass HelloFresh den versprochenen Dienst, die bezahlte Leistung einfach nicht erbracht hat, gibt es eine Gutschrift von 10€. No go. Die nächste Kochbox umsonst würde meinen Schmerz lindern.

Ich bin nicht die beschriebene Person und hatte zum Glück noch zwei Mini-Seelachs-Filets in Form von Tiefkühlware im Fach.

Schön ist das nicht und zu wenig auch. Die Teilchen waren echt klein. Daher schwenkte ich kurzer Hand um auf eine Surf&Turf-Variante und spickte dünne Scheiben Rinderfilet obendrauf. Rausgekommen ist dann dies hier.

Wer es mal ausprobieren möchte: Von der Fleischseite her sehr schnell und scharf anbraten (höchstens eine Minute) und dann umdrehen. Die Fischseite nur sehr kurz ein paar Sekunden anbraten. Sofort vom Feuer nehmen, Deckel drauf und fünf Minuten ziehen lassen. Das sollte je nach Dicke von Fleisch und Fisch so klappen. Meine Filetscheiben waren unter einem Zentimeter.

Zu den Rezepten brauche ich nicht viel sagen. Alle drei waren sehr simpel gehalten. Zu den Inkonsequenzen komme ich noch. Die Enchiladas fand ich am besten. Dieses Gericht war sehr gut abgestimmt. Es war mehr als ausreichend für zwei Personen und die Zutatenmengen haben ziemlich genau gepasst.

Beim Seehecht fehlte, wie gesagt, der Seehecht. Unter Teriyaki verstehe ich jetzt zwar etwas anderes, aber geschmeckt hat das trotzdem. Der Limettenreis war interessant – das habe ich so noch nicht gemacht (mit abgeriebener Limettenschale). Das Zucchinigemüse war sehr, sehr dürftig für zwei Personen. In Anbetracht der Tatsache, dass der nicht gelieferte Seehecht auch nur etwas über 100g pro Nase auf die Waage gebracht hätte, muss man sich dann eben mit der Sättigungsbeilage befüllen. Hier ist Geiz mal nicht geil und fetter wären wir davon auch nicht geworden.

Das Simmentaler Rind. Hmm. Nun gut. Im Steakhouse bekommt man ein 180gr-Steak als „Damen-Steak“ verkauft. Dieses hier wog 220gr, aber es war zumindest da… 220 gr. wohlgemerkt für ZWEI! Auf dem Bild seht ihr das gesamte Stück. Ich habe es nicht übers Herz gebracht das auch noch zu teilen. Es kam ohnehin noch jemand drittes, so dass ich Kartoffeln und Filet nachgegeben hatte. Die Zutaten wären wohl genug gewesen. Außer die Champignons – hier herrschte wieder Geiz. Röstzwiebeln in der Steakpfanne habe ich mal gelassen. Da bin ich absolut kein Fan von. Das Simmentaler an sich war aber sehr gut, auch wenn es nicht im entferntesten an meinen Galloway-Lieferanten herankommt. Dazu aber nächste Woche mehr 🙂 .

Insgesamt war mein HelloFresh-Kochbox-Erlebnis wieder vollgespickt mit Ungereimtheiten, Unüberlegetem und Vergessenem:

Gemüse schneiden und Gemüse vorbereiten

Beim Seehecht sollte ich Ingwer und Knoblauch feingehackt mit Sojasoße, Honig und Maisstärke verrühren. Das wurde betitelt mit Gemüse schneiden. Der nächste Schritt lautete dann Gemüse vorbereiten. Hier wurde dann Zucchini und Lauch verarbeitet. Verwirrend.

Das heiße Wasser

Gleich zu Beginn der Kochkarte Rinderhüftsteak steht, ich solle reichlich Wasser im Wasserkocher erhitzen. Das tat ich auch und zum Ende stand es da noch. Ich habe noch einmal das Rezept durchforstet. Gleich in Schritt 1 benötige ich „reichlich“ Wasser für die Kartoffeln. Aber die sollte ich in kaltes Wasser legen. Die 150 ml Wasser für das bisschen Brühe in Schritt 3 können es nicht gewesen sein. Bis dahin ist einfach zu viel Zeit vergangen. In den anderen Schritten kommt nur kaltes Wasser hinzu.

Jasminreis kochen

Grundsätzlich so richtig. Der Tipp, dass die Zeiten gerade bei Jasminreis nicht in steingemeiselt sind, hat mir hier gefehlt. Wer also noch sichtbares Wasser nach 10 Minuten im Reistopf hat, lässt diesen noch 2-3 Minuten offen bei geringer Hitze weiterköcheln und dann erst abgedeckt ziehen lassen. Sonst wird das Pampe.

Zwiebeln anbraten

Schon die Großmutter wusste: Brate die Zwiebeln nicht zusammen mit dem Gargut an, die werden schwarz. So hier nicht geschehen, ich habe Zucchini und Zwiebeln nicht zusammen in die Pfanne gegben, wie verlangt. Wer’s genau nimmt: Chili – Zucchini – Zwiebeln/Knoblauch – in der Reihenfolge.

Butter wie bei Mutter

Die Enchiladas hatten so ein kleines Stück Butter, wie man es auch in Hotels bekommt, dabei gehabt. Man sollte damit die Gewürzmischung lösen. Der Kartoffelstampf brauchte ebenfalls Butter und in der Champignonsoße, welche ich definitiv ohne Rinderbrühe gemacht hätte, sollte ich auch welche auflösen. Hier war sie nicht mit dabei. Geplant nicht mit dabei.

Champignons

Zwei Gerichte benötigten Champignons: Die Enchiladas und das Steak. Erstens benötige ich dann nicht zwei Packungen, sondern eine größere. Der Kunde kann etwas lesen und etwas denken. Zweitens müssen die nicht mit Plastikfolie geliefert werden. Das schwitzt auch mit Löchern. Drittens bleibt von 50 gr. angebratenen Champignons pro Nase wirklich nicht viel übrig. Die bestehen nun mal zu 90% aus Wasser. Das mag in den Enchiladas passen. Mache ich aber ein Soßengemüse als Beilage daraus, wird es eng.

… und zu guter Letzt die RIESENTÜTE Petersilie. Ich habe nicht einmal ein Drittel davon über die Champignons gegeben. Das wäre echt eklig geworden. Der Rest ging dann eben in meine montägliche Frittata.

Insgesamt ist HelloFresh nach wie vor kein schlechtes Produkt. Ich halte es nur für maßlos überteuert, etwas unstet in den eigenen umwelttechnischen Ansprüchen und inkonsequent bis unüberlegt in der Anleitung. Die optische Aufmachung ist wohl durchdacht. Zielgruppe: definitv keine bloggenden oder auch nicht bloggenden Hobbyköche. Der Service selbst ist gut – es war auch am Samstag sofort jemand in der Leitung – der Kundenservice aber ist miserabel. Leute! Wenn die Hauptzutat in der 35€ teuren Kochbox fehlt, kann ich nicht ganz lapidar eine Gutschrift über 10€ ausstellen! Dann isst der Kunde eben den Reis und die halbe Zucchini … na dann BON APPÉTIT