Köttbullar Classic

Es ist Samstag und der ganze Tag gilt irgendwie der Hauspflege. Warum? Jawoll, die scheiss Weihnachtsdeko muss raus. Das ist nun gar nichts für mich. Weihnachten existiert irgendwo zwischen Amazon und kranker TV-Werbung und man kann sich dem kaum entziehen. Amazon, weil alles, aber auch wirklich alles bei diesem Versandhaus bestellt werden kann (und auch prompt kommt). Kranke TV-Werbung, weil man, kaum das Gerät eingeschaltet, mit jeder Menge Tech-Nick und Parfüm vollgekotzt wird … puh genug aufgeregt. Weihnachten hat auch was Schönes: das Backen, das Kochen, die Musik, vielleicht auch mal eine Weinklasse höher. Und man hat mal nichts zu tun. Die Welt steht für einen Augenblick still. Man widmet sich den eigentlich wichtigen Dingen im Leben. Nichts hat offen (die Tankstelle vielleicht) nichts wirkt geschäftig. Es hat auch keiner Zeit, weil jeder irgendwie mit seiner Familie beschäftigt ist. Das gilt natürlich nur für die Weihnachtstage an sich. Die Wochen davor? Die Hölle. Geschäftiges Treiben wie sonst kaum im Jahr. Jeder möchte seine Angelegenheiten in letzter Sekunde regeln. Dazu kommen Suchsafaris nach passenden Weihnachtsgeschenken und irgendwas Teures geht in den Adventswochen meist auch kaputt und muss für viel Geld ersetzt werden. Weil ich versuche mich dem zu entziehen, arbeitet also der Rest der Familie und ich …. ja, ich koche das Mittag. Samstag-stylish was Einfaches aber nicht ohne Fleisch. Essen wir ja die ganze Woche nicht. Also am Wochenende Fleisch oder Fisch. Ich hasse Dauerveggies.
Meine Wahl fiel nach der Konsultation verschiedener Apps, Bücher und Internetseiten tatsächlich auf so etwas Profanes wie Köttbullars. Jeder kennt sie von seinem letzten IKEA-Besuch, wenn er/sie nicht gerade am Hot-Dog-Stand versifft ist, wo man sich für einen Euro das Wurstbrötchen selber machen darf. Selbst in die Pferdefleischaffäre vom letzten Jahr wurden IKEAS tolle Köttbullars involviert … war wohl doch kein Elch.
Alles ungerecht; IKEA ist nicht Kochen und schon gar nicht Schweden. Über die Pferdebällchen beim blau-gelben Möbel-Garten-Deko-Bretter-Haus muss man sich nicht wundern. Dahinter steht eine ähnliche Struktur wie bei McDonalds, den Asia-Food-Ständen oder Subway-Broten. Nur halt subventioniert. Wo ist es nur hin, das richtig geile, individuelle Streetfood. Eins, wo nicht jeder im Prinzip das Gleiche macht. Selbst sowas simples wie Köttbullars scheinen in der Nahrungsmittelindustrie ein Riesenproblem zu sein und wurden praktisch glattgebügelt für das glutamatverseuchte Volk. Daher für alle, die es einfach aber trotzdem frisch und gut gemacht mögen, hier ein Schnelldurchlauf:

Ich gehe mal von vier Essern aus. Für ebendiese Bedarf es drei Toastscheiben, entrindet. Ein altes Brötchen vom Vortag macht’s aber auch. Weicht alles in etwas Milch ein, schön zerbröselt. Eine Zwiebel möglichst feingehackt, wird glasig gedünstet und mit 500 Gramm Rinderhack, sowie dem Milchbrötchen-Matsch vermischt. Ach ja, ein Ei noch rein. Gewürzt wird das Ganze mit Pfeffer, Salz und Achtung: zerstoßenem Piment und etwas Muskatnuss-Abrieb. Ich mache … pssst … immer noch etwas strunznormales Mehl dazu. Bindet einfach besser. Also ETWAS.

IMG_0574.JPG

IMG_0575.JPG

Formt hübsche kleine Bällchen daraus und stellt sie möglichst kalt für eine halbe Stunde irgendwo hin. Im Moment ist die Terasse oder der Balkon dafür ein optimaler Ort … solange der Hund angeleint ist.
Wartezeit ist keine Schlenzzeit. Also Kartoffeln schälen. Ich habe sie diesmal völlig salzlos im fast wasserlosen Topf dieser überteuerten Vertreter-Marke gegart. Zum Rest komme ich später.
Die Bällchen können nun gebrutzelt werden. Ich nehme dafür lieber feine Butter als Öle. Nicht zu heiß. Die Bällchen sollen auch in der Mitte garen. Nach 15 Minuten sollten sie fertig sein. Im Sieb abtropfen lassen und warm stellen. Im verbliebenem Fett Mehl anschwitzen und mit Rinderfond Stück für Stück erst löschen und dann anrühren. Ich denke 400-500 ml sollten genügen. Noch etwas Muskat darüber und mit Sojasoße plus Pfeffer abschmecken. Ein Schuss Sahne rundet das Sößchen ab.

IMG_0576.JPG

Bitte nicht Salzen!
Die fertigen Kartoffeln in etwas Butter schwenken (ich nehm‘ da immer eine Wok-ähnliche Pfanne für). Etwas Sojasauce darauf träufeln … weiter schwenken. Ab ins Sieb und mit gehackter Petersilie bestreuen (da ist wirklich noch grüne im Garten …) .
Köttbullars auf den Teller, Soße darüber und die Kartoffeln aus dem Sieb dazu. Voíla!

IMG_0577.JPG

Die Bullars sehen etwas dunkel aus, das ist aber nur das Foto. Etwas dunkel fotografiert. Ein Strich Preiselbeeren würden das ganze optisch, wie auch geschmacklich abrunden. Hatte ich aber nicht.
So bleibt ein Klassiker aus dem hohen Norden, der unseren Küche nicht unähnlich. Schnell gemacht, geldbeutelschonend und das Wichtigeste: es hat ohne Industrie geschmeckt.

Der Tag war danach übrigens halbwegs gerettet. Das Weihnachts-Klimbim leuchtet 🎄 und ich denke über Sauerkraut mit getrockneten Tomaten nebst Kapern nach und könnte mir dazu einen süßlich-krustigen Kasselerbraten gut vorstellen. Aber diese Geschichte soll ein andern mal erzählt werden …

Küchentag

Ein fröhliches Hallo, meine lieben Blog-Leser!
Heute ist KÜCHENTAG! Nachdem ich, beruflich eingebunden, die letzten Tage nichts weiter von mir geben konnte, ist heute nun endlich frei und ich war Einkaufen. Mein Kasumi ist geschliffen, der Rest gewetzt, die Küche geputzt und so kann es losgehen.
Ich habe so einiges vor. Insgesamt soll der heutige Tag ein Abendessen ausspucken und die nächsten beiden Tage grundlegend vorbereiten.
Weil das Lachsfilet frisch ist, möchte ich es nicht all zu lange warten lassen und bereits heute mit Topinambur und einem Fenchel-Zucchini-Gemüse vermählen. Das Ganze bekommt noch etwas Aroma von dem Apfel, der aus China stammt. Irgendwie nebenbei bereite ich den Wunsch eines kleineren Herren nach einer Suppe, bzw. einem Eintopf für Samstag vor. Mich beschäftigt also heute auch noch dieser Blogeintrag.
Zu guter Letzt gibt es morgen ein Coq au vin vom Riesling „herbstlicher Natur“, welches heute mariniert werden möchte. Also alles in allem, ein richtig schöner Küchentag für Menschen wie mich, bei denen es in der Küche einfach nur LANGSAM zugehen soll. SlowFood eben.
Also schaut immer mal wieder rein, bzw. drückt auf „reload „, denn dieser Blogeintrag wird allmählich wachsen …

IMG_0375-0.JPG

Zu erst mache ich mich einmal an das Coq au vin. Dieses Gericht ist nicht erst seit diesem schrecklich Film mit dem schlechtesten deutschen Schauspieler aller Zeiten ein Klassiker, sondern schon viel länger. Die kreolische Küche hat dieses „Hähnchen im Wein“ gern übernommen und mit ihrer entsprechenden Gewürzpalette erweitert.
Für gewöhnlich kocht man das Ganze auch in Rotwein und kann es eigentlich variieren wie man möchte, doch es heißt nun mal nur „Hahn im Wein“ und kennt, wie viele andere Klassiker, kaum den Ursprung, bzw. DAS Original-Rezept. Weil ich einen herbstlichen Ansatz möchte, mache ich die Riesling-Variante mit Pilzen, Sellerie, Möhren, Paprika und Lauchzwiebeln und schiebe Vanilleschote & Co. mal bei Seite.

Zu allererst aber steht das mühsame Zerteilen des toten Vogels. Ich ritze dafür mit einem sehr scharfen Messer bis an den Knochen heran und gehe dann mit einer Geflügelschere durch die Knochen. Leute, besorgt euch eine richtig ordentliche Geflügelschere und spart nicht! Ich habe mich Jahre mit billigem Kram rumgeärgert. Meine jetzige war ein paar Euro teuer und geht auch bei rohem Geflügel locker durch die Knochen … und das nun auch schon länger als ein Jahr regelmäßig.

IMG_0377.JPG
Halbwegs personengebunden gibt es bei mir VIER Teile.
Diese lege ich auf den Grund eines einigermaßen großen Bräters und überhäufe den Morgenkräher mit 3 Stangen in kleine Stücke geschnittenen Staudensellerie, ebenso großen Teilen von 4 schönen Bundmöhren (leider standen mir diesmal nicht meine geliebten Moormöhren zur Verfügung), gewaschenen und ungeschnittenen, braunen Champignons, sowie zwei Hände voll Würfel roter Paprikaschoten. Als Bouquet „SlowerEat“ wähle ich einen ordentlichen Strauch von Estragon, Salbei, Rosmarin und vietnamesischen Koriander (letzteres bitte sparsam, es sticht sehr hervor). Kleingehackt wird dieser Gartengruß über alles andere gestreut, bevor das Hähnchen in einer großen Flasche Riesling das Schwimmen lernt. Wer hier aus Geiz den billigsten Wein nimmt, hat selber Schuld.

IMG_0378.JPG

Derweil diese Kreation vor sich hinzieht, mache ich mich mal an den Basisfond für meine Suppe
Es „wallt“ vor sich hin …

… während es wallt, kann ich ja mal langsam an ein Sößchen zum Lachs nachher denken. Leider produziert das, was ich vor habe, keine eigene Flüssigkeit, darum etwas aus … schlagt mich … fertigem Fischfond im Glas. Ich habe gerade wirklich keine Fischkarkassen.
Ergo, schnell eine Schalotte kleinst-gehackt nebst einer Knoblauchzehe. Ebenso verfahre ich mit einigen Salbeiblättern.

IMG_0379.JPG

Ich zerlasse etwas gute Butter im Topf und schmelze die Schalotten und den Knoblauch langsam an. Gelöscht wird zuerst mit etwas Marsala – einkochen – und dann mit dem Saft einer Orange. Ich finde, dass neben dem obligatorischen Apfel eine Orange sehr gut mit Salbei harmoniert.
Das Ganze ein, zwei Minuten köcheln und dann mit dem Fischfond aufgießen. Bei meinem steht „Bio“ drauf. Hatte jetzt aber nicht die Gelegenheit nachzuschauen, was daran Bio ist. War Zufall.
Dem Fisch habe ich erstmal lediglich etwas Meersalz, Pfeffer und etwas Limettensaft gegönnt, sowie mit ein paar zerkleinerten Chilifäden veschönert/geschärft.

IMG_0380.JPG
Der Fond köchelt noch … und der Hübsche geht jetzt in den Ofen bei 200 Grad Ober- und Unterhitze, sagen wir mal … 30 Minuten.

So, es gab Essen und nun wird der Rest erzählt:
Das Sößchen zum Lachs habe ich dann irgendwann durch das Sieb des Fetttrennkännchens gegeben und das Aufgefangene mit einer Kräutermischung aus dem Garten vermengt. Nehmt, was Euer Geschmack ist oder was ihr da habt. Der Lachs wird es Euch nicht verübeln: denn diese Masse streiche ich über den fast fertig gebackenen Kandidaten und gönne ihm weitere fünf Minuten im Ofen.
In der Zwischenzeit ist es mir gelungen Fenchel und gelbe Zucchini zu zerkleinern. Beides möchte ich in einer Wok-ähnlichen Pfanne garen. Fenchel braucht länger. Fangt daher mit ihm an. Zucchini kann nach 10 Minuten dazu. Das Gemüse lösche ich mit dem Saft einer weiteren Orange ab, in der Hoffnung, dass dies sich in der Soße widerspiegelt. Ansonsten belasse ich es bei Pfeffer und Salz, gebe zum Ende hin aber einen Schuss Sahne hinzu.
Die vom Fett getrennte Soße nochmals reduzieren und kurz vorm Servieren ausschalten und eisgekühlte Butter unterheben.

Fast vergessen hätte ich die Topinambur. Ein mir recht neues Wurzelgemüse, der Kartoffel nicht unähnlich. Meine liebe Tante sandte sie mir aus ihrem Garten. Für gewöhnlich ist man froh, die sonnenblumenähnlichen, überall auswuchernden Gewächse wieder aus selbigem zu entfernen. Ich selbst habe Topinambur jedenfalls aus meinem Garten verbannt.
Aus Zeitgründen habe ich sie in kleine Scheiben geschnitten und in reichlich Olivenöl zu Chips verwandelt und im Sieb abtropfen lassen. Den „Kick, was Neues“ hatte ich nicht, aber vielleicht wurden sie ja falsch zubereitet. Die Kiste ist noch recht voll. Mal schauen, was ich mit dem Rest anstelle …

IMG_0381.JPG
Zum Ende hin wurde es recht hektisch und ich habe mal lieber in Schüsseln als auf Tellern aufgefüllt.
Fazit ist, dass Chilifäden rein gar nichts bringen. Etwas Optik vielleicht. Aber ansonsten wie ein Abendkleid zur Oper: Es macht die Musik nicht besser 😉.

IMG_0382.JPG

Jetzt werde ich etwas die Küche aufklaren, den Fond nochmal aufsetzen und mit dem Coq au vin beginnen …

Weiter geht’s …